Statut für die Leitung von Kirchengemeinden nach can. 517 § 2 CIC

1.    Zentrale Begriffe und Konzepte

Eingangs sollen zentrale Begriffe und Konzepte in Erinnerung gebracht werden, die im Hintergrund des Statuts stehen und deren Sinngehalt bei seiner Interpretation immer mitgedacht werden sollten, sie sind gewissermaßen die Folie, auf der das Kirchenrecht die Leitung einer Kirchengemeinde nach can. 517 § 2 CIC denkt und auf der das Statut entwickelt wurde.

1.1    Kirchengemeinden

Kirchengemeinden sind zu verstehen im Sinne der Kirchengemeindeordnung (➜ Kommentar) der Diözese Rottenburg-Stuttgart (KGO) als vom Bischof jeweils territorial umschriebene Teile des Gottesvolkes, die zugleich als Pfarrei errichtet werden (vgl. § 1 Abs. 1 f. KGO; can. 515 i. V. m can. 518 CIC). Sie stehen unter der obersten Leitung des Bischofs (§ 1 Abs. 4 KGO) und werden laut KGO von einem Priester geleitet, der vom Bischof ernannt ist (§ 1 Abs. 3 KGO). Von dieser Regel kann auf der Basis des hier kommentierten Statutes in definierten Einzelfällen abgewichen werden.

1.2    Hirtensorge

Der Begriff der Hirtensorge ist kirchenrechtlich nicht abschließend bestimmt. Auch wenn der Codex mannigfaltige Aufgabenbündel aufzuzählen weiß, die mit der Wahrnehmung der Hirtensorge einhergehen, so bestimmt er doch an keiner Stelle, was Hirtensorge genau ist. Einen Hinweis gibt jedoch die KGO, wenn sie bei den Aufgaben der Kirchengemeinderates (KGR) feststellt, dass dieser zusammen mit dem Pfarrer die Kirchengemeinde leitet und so der Erfüllung von deren Aufgaben dient, indem er dafür sorgt, „dass die Kirchengemeinde ihre Aufgabe, Zeichen und Werkzeug des Heilswirkens Gottes in Jesus Christus zu sein, auch in Zukunft wahrnehmen kann“ (§ 18 Abs. 1; vgl. auch § 1 Abs. 1 KGO). Der Auftrag zur Hirtensorge kann also verstanden werden als der Auftrag, die Kirchengemeinde zu befähigen, Zeichen und Werkzeug dieses Heilswirkens zu sein.

1.3    Handeln vs. Leiten

Jedes Amt in der Kirche ist Dienst (can. 145 § 1 CIC) – dieser hohe Anspruch wird in der oben zitierten Regel zum KGR zum Ausdruck gebracht. Dies wird in der KGO als Leitung qualifiziert und ist dabei gut abgrenzbar vom konkreten Handeln der Kirchengemeinde bzw. ihrer Glieder.

Wird eine Kirchengemeinde auf der Grundlage des hier zu verhandelnden Statuts von einem/einer Pfarrbeauftragte/n zusammen mit einem zuständigen Priester geleitet, so nehmen diese gemeinsam die Aufgaben des Pfarrers wahr und haben so zusammen mit dem KGR dafür zu sorgen, dass die Kirchengemeinde ihren Auftrag verwirklichen kann. Die so beschriebene Sorge wahrzunehmen bedeutet Leiten, den Auftrag zu verwirklichen hingegen ist Handeln.

2.    Gemeindeleitung durch Laien in der Diözese Rottenburg-Stuttgart nach dem Statut vom 4. August 2020

2.1    Ausgangssituation: Priestermangel

Can. 517 § 2 CIC ist eine im Zuge der nachkonziliaren Codexreform 1983 neu eingeführte Bestimmung, für die es im kirchlichen Gesetzbuch von 1917 keinen direkten Vorgänger gab. Gleichwohl ist die so eröffnete Möglichkeit der Gemeindeleitung durch Laien nicht gänzlich neu, sondern gründet in positiven Erfahrungen des Sekretärs der Codexreformkommission, Erzbischof Rosalio José Castillo Lara, mit der Hirtensorge in Pfarrgemeinden, wahrgenommen durch Gemeinschaften von Ordensfrauen, etwa in Venezuela.[1] Can. 517 § 2 CIC ist damit auch ein schönes Beispiel dafür, wie gelungene lokale Initiativen die gesamtkirchliche Gesetzgebung beeinflussen und prägen können.

Damit ein Bischof auf die Regelung des can. 517 § 2 CIC zurückgreifen kann, muss er in seinem Bistum einen entsprechenden Priestermangel feststellen. Der Codex führt allerdings an keiner Stelle aus, was genau Priestermangel bedeutet und wie dieser zu qualifizieren ist. Auch Bischof Gebhard begründet seine Feststellung des in Rottenburg-Stuttgart bestehenden Priestermangels nicht weiter.

Für die staatskirchenrechtliche Situation in Württemberg gilt es zu beachten, dass nicht nur die kirchliche, sondern auch die staatliche Rechtordnung bedacht werden muss. Neben der weltkirchlichen Ermächtigung des Bischofs zu solchen Leitungsmodellen durch can. 517 § 2 CIC ist es daher nicht unwichtig, dass § 19 Abs. 3 KGO die Außenvertretung der Kirchengemeinde auch durch einen Laien grundsätzlich ermöglicht.

2.2    Einheit von Leitung und Eucharistievorsitz

Die nach kirchlichem Selbstverständnis bestehende Unaufgebbarkeit des Bandes zwischen (pfarrerlicher) Gemeindeleitung und Eucharistievorsitz (Präambel Nr. 1)[2] hat für die Ausgestaltung alternativer Leitungsmodelle Konsequenzen in zwei Richtungen:

Zum einen muss zwingend eine Beziehung zwischen dem Leitungshandeln in der Pfarrei und der Feier der Eucharistie bestehen bleiben – deshalb muss immer ein „zuständiger Priester“ benannt werden (vgl. § 4), damit eine personale Kontinuität in diesem Vorsitz gewährleistet ist. Da sich zum anderen Gebetsgemeinschaft nicht auf die Feier der Eucharistie beschränkt, kommt dem gemeinsamen Beten der Pfarrei mit ihrer Leitungsperson auch weiterhin eine konstitutive Rolle zu, damit deutlich bleibt, dass die Leitung einer Pfarrei nicht zuerst ein verwaltungstechnisches Handeln ist, sondern dass sie sich aus der gemeinsamen Gottesbegegnung speist. Daher muss andererseits jede den Pfarrer dauerhaft vertretende Person im gemeinsamen Gebet und in der gemeinsamen Liturgie mit der Pfarrei wahrnehmbar und erfahrbar sein.

Diese grundsätzliche Einheit von Leitung der Liturgie und Leitung der Gemeinde verbietet es, die Aufgaben des Pfarrers einfach in einen liturgisch-spirituellen und einen verwaltungstechnisch-praktischen Part aufzuteilen.

2.3    Verhältnis von Kirchengemeinderat und Pfarrbeauftragtem/r

Die Ausführungen in Nr. 3 der Präambel umreißen die Stellung der nach can. 517 § 2 CIC beauftragten Person: Auch wenn die Präambel sie nicht an die Stelle stellt, die der Pfarrer in der KGO innehat, so werden ihr doch schon wesentliche Funktionen des Pfarrers zugewiesen. Der/die Pfarrbeauftragte trägt zusammen mit dem Kirchengemeinderat die Verantwortung für das Gemeindeleben und leitet diese zusammen mit dem Kirchengemeinderat, auch wenn die Außenvertretung der Kirchengemeinde dem zuständigen Priester zukommt. Aber auch wenn der/die Pfarrbeauftragte aus theologischen Gründen das Pfarramt selbst nicht ausfüllen kann, so wird hier doch deutlich, dass er/sie in weiten Teilen an die Stelle des Pfarrers tritt, gerade was das kirchliche Leben am Ort angeht.

Für die Beziehung zwischen leitender Person und Kirchengemeinde kann daher gesagt werden, dass ihr in der Regel alle Aufgaben des Pfarrers übertragen werden, soweit nicht ekklesiologisch begründete Vorbehalte dagegensprechen. Damit ist im Zweifel das Fehler einer Kompetenz des/der Pfarrbeauftragten zu begründen, nicht aber das Vorhandensein einer solchen.

2.4    Gemeindeleitung im Sinne des Statuts

Leitung einer Pfarrei ist nicht nur eine rein juristische Wahrnehmung von Aufgaben, sie ist auch ein geistlicher Vorgang. Das Statut legt daher nicht nur einen rechtlichen Rahmen fest (wer darf was), es greift darüber hinaus auch die theologische Frage auf, wie das Reden von Gott in der Leitung einer Kirchengemeinde sichtbar werden und gelingen kann, damit die Kirchengemeinde so dem Heil der Seelen (can. 1752 CIC) dienen und Werkzeug Gottes zum Heil der Welt (LG 1; § 1 Abs. 1 KGO) sein kann. Daher wird hier nicht nur von rechtlichen, sondern auch von theologischen Leitlinien gesprochen (Präambel Nr. 4).

In der Überschrift von § 1 des Statuts heißt es: „Leitung auf Dauer vakanter Kirchengemeinden gemäß can. 517 § 2 CIC“. Drei Worte sind dabei beachtenswert:

  • Leitung betont, dass es hier um die Regelung einer Führungsaufgabe geht, deren Inhalt direkten Bezug zum Heilsauftrag der Kirchengemeinden hat,
  • auf Dauer stellt klar heraus, dass diese Regelung nicht für absehbar vorübergehende Situationen (Krankheit des Pfarrers, Phase zwischen Abschied des alten und Bestellung des neuen Pfarrers) geht, sondern dass sich um eine langfristige Regelung handelt,
  • vakant wird eine Pfarrei dann, wenn sie keinen eigenen Pfarrer hat; dieser Zustand bleibt auch grundsätzlich erhalten, die Lösung ist damit als eine unvollkommene gekennzeichnet.

2.5    Auswahl geeigneter Gemeinden und Personen

Welche Kirchengemeinden und welche Personen für die Leitung im Sinne von can. 517 § 2 CIC geeignet sind, ist stets eine Einzelfallentscheidung. Am Anfang steht die grundsätzliche bischöfliche Entscheidung, auf welche Kirchengemeinden und geeignet erscheinenden Personen dieses Statut angewendet werden kann (§ 1 Nr. 3). Die konkrete Zuordnung der die Seelsorge nach can. 517 § 2 CIC wahrnehmenden Personen zu den zu einzelnen Kirchengemeinden erfolgt erst in einem zweiten Schritt.

Zunächst bedarf es einer Grundsatzentscheidung, welche Kirchengemeinden fähig und geeignet erscheinen, mit einem solchen Leitungsmodell zu leben, ohne dass damit bereits festgelegt sein muss, dass für sie kein eigener Pfarrer mehr ernannt werden wird. So wie die Pfarrbeauftragten und die zuständigen Priester eine besondere Eignung aufweisen müssen, um in einem solchen Modell eingesetzt werden zu können, so muss sich auch die Kirchengemeinde für diese Leitungsform eignen. Damit steht umgekehrt auch fest, dass es, so wie es pastorale Mitarbeitende gibt, die nicht für Leitungsaufgaben geeignet sind, auch Kirchengemeinden geben wird, die für dieses spezifische Modell der Leitung nicht geeignet sind.

Die Zusammenschau mit dem folgenden § 2 kann jedoch verwirren: § 2 Satz 1 („Die HA V – Pastorales Personal trifft regelmäßig eine Auswahl der Stellen, die sie für geeignet hält, um dort Leitung nach can. 517 § 2 CIC einzuführen.“) widerspricht auf den ersten Blick § 1 Nr. 3 – war dort nämlich der Bischof die entscheidende Person, so tritt in § 2 scheinbar die HA V an die Stelle des Bischofs und bestimmt in einem mehrschrittigen Verfahren geeignete Kirchengemeinden, für die dann geeignete Personen in einem intern teiloffenen Bewerbungsverfahren gefunden werden sollen. Tatsächlich arbeitet die HA V dem Bischof als alleinigem Entscheider allerdings nur zu. Die zentrale Rolle der HA V bei der Durchführung des von § 2 des Statuts vorgesehenen Verfahrens zur Vorbereitung der bischöflichen Entscheidung macht deutlich, dass die Verwendung der Möglichkeiten, die can. 517 § 2 CIC bietet, vom Priestermangel her gerechtfertigt und daher einer Frage der Personalverwaltung ist. Can. 517 § 2 CIC ist kein Einfalltor für alternative Leitungsmodelle, weil man diese dem klassischen Pfarrermodell für überlegen hielte (dann müsste die HA IV federführend sein), sie ist und bleibt ein Hilfsmittel, wenn es an geeigneten Priestern fehlt.[3]

Typisch für das Rottenburger Modell ist die starke Stellung des Kirchengemeinderates (§  2 Satz 6-8), gegen dessen Votum ein solches Leitungsmodell ausdrücklich nicht eingeführt werden kann (§  2 Satz 10). Die Zweistufigkeit des Verfahrens – erst Benennung der geeignet erscheinenden Kirchengemeinde (§  2 Satz 4-10), dann Auswahl der Personen (§  2 Satz 11-13) – stellt dabei eine Absicherung gegen den Versuch dar, sich für oder gegen eine Person entscheiden zu müssen. Für die Auswahl des zuständigen Priesters enthält das Statut keine näheren Bestimmungen (§ 2 Satz 14). Seine Rolle erscheint so als neben dem/der Pfarrbeauftragten eher nachrangig. Hier wird für die Praxis zu erwarten sein, dass man einen im Nahfeld der Kirchengemeinde tätigen Priester mit Leitungserfahrung benennen wird, wohingegen von den Pfarrbeauftragten auch ein Umzug erwartet werden kann.

2.6    Bezeichnung als „Pfarrbeauftragte/r“ und „zuständiger Priester“ und deren Bestellung bzw. Ernennung

Bemerkenswert ist die in § 1 Abs. 1 höchst unterschiedliche Begrifflichkeit: Während dem/der nicht-priesterlichen, zur Wahrnehmung der pfarrlichen Seelsorge Beauftragen klar ein eigener Titel zugewiesen wird, wird der die übrige Sorge wahrnehmende Priester rein funktional adressiert. Ob dies eine glückliche Lösung ist, muss an dieser Stelle offenbleiben; positiv hervorzuheben ist die klare Titulatur der Pfarrbeauftragten; spannend bleibt jedoch die Frage, wie man den zuständigen Priester in der Praxis benennen wird. In jedem Fall aber sollte jeder Eindruck vermieden werden, der zuständige Priester sei der Pfarrer der Kirchengemeinde oder er nehme dessen Stelle ein. Dagegen ist immer zu betonen, dass die Pfarrstelle selbst auf Dauer unbesetzt bleibt (§ 1 Abs. 1 Satz 1). Auch dann, wenn der zuständige Priester den Titel „Pfarrer“ trägt, so sollte er ihn gegenüber der Kirchengemeinde, für die er als „zuständiger Priester“ benannt ist, nie ohne den klärenden Hinweis verwenden, dass er nicht kanonischer Pfarrer der Pfarrei ist.

In § 1 Abs. 1 werden mehrere klar zu unterscheidende Rechtshandlungen des Bischofs beschrieben. Diese sollten daher auch in Form eigenständiger Dekrete geschehen, die sich aufeinander beziehen können. Da die Kirchengemeinde auf Dauer dazu bestimmt wird, dass ihre Seelsorge nach can. 517 § 2 CIC geordnet wird, entsteht damit auch das Kirchenamt des/der Pfarrbeauftragten im Sinne des can. 145 § 1 CIC. Dieser Canon bestimmt Kirchenämter als auf Dauer eingerichtete Dienste, die der Wahrnehmung eines geistlichen Zweckes dienen, zwei Elemente, die man unschwer bei Pfarrbeauftragten vorfinden wird.

Dass der zuständige Priester nach dem Statut im Idealfall gleichzeitig ernannt werden soll, ist theologisch folgerichtig, die Formulierung macht aber zugleich deutlich, dass hier kein Tandem bestellt wird, dessen Amtszeiten miteinander verbunden wären. Vielmehr sollten drei Rechtsakte zeitgleich geschehen:

  1. Die Bestimmung, dass die Pastoral in einer konkreten Kirchengemeinde nach can. 517 § 2 CIC geordnet werden soll, erfolgt auf Dauer und muss bei Neubesetzung einer der beiden Leitungsämter nicht erneut erfolgen. Vielmehr ist hier an eine nur wiederholende Formulierung, dann in den Ernennungsdekreten, zu denken.
  2. die Bestellung eines/r Pfarrbeauftragten und
  3. die Ernennung eines zuständigen Priesters.

Die zumindest gedankliche Trennung dieser drei Schritte hat zur Folge, dass es keine zwingende Beziehung zwischen der gewählten Form der Leitung in der konkreten Kirchengemeinde einerseits und den Amtszeiten der beiden Seelsorger andererseits gibt. Ein Austausch sowohl der/des Pfarrbeauftragten wie des zuständigen Priesters kann unabhängig voneinander erfolgen und wirkt sich weder auf das Faktum des gewählten Leitungsmodells noch auf die Rechtsstellung des jeweils anderen aus.

Bei der gemeinsamen Einführung der beiden Personen in einer sonntäglichen Eucharistiefeier (§ 2 Abs. 17) wird man zuerst darauf zu achten haben, dass deutlich wird, dass es keine verdeckte Pfarrerinstallation ist. Es wäre daher gut, wenn es hier auch eine liturgische Handreichung gäbe, in der die andauernde Vakanz des Pfarramtes erkennbar wird. Auch wenn die gemeinsame Einführung natürlich nur dann möglich ist, wenn auch beide gemeinsam die Arbeit neu aufnehmen, so ist es dennoch in jedem Fall sinnvoll, dass bei einer solchen Feier beide Personen anwesend und sichtbar sind. Die festen Ernennungszyklen lassen jedoch erwarten, dass hier mittelfristig Ungleichzeitigkeiten infolge von Versetzungen und Ausscheiden aus dem Dienst entstehen werden.

2.7    Eignungskriterien für den/die Pfarrbeauftragte/n

Positiv kann man in der Feststellung der Präambel, es gebe zu wenige geeignete Priester, auch ein Eignungskriterium für die Übernahme der Leitung durch einen Nichtpriester erkennen: Es ist die fehlende Weihe, die Laien als Gemeindeleiter(innen) vom Priester unterscheidet, und nur diese. Ansonsten können und müssen an beide dieselben Eignungskriterien angelegt werden.

Sachgerecht werden daher eine pastorale Ausbildung – der Nachweis wird hier wohl die bestandene zweite Dienstprüfung sein – und ein hauptamtliches Beschäftigungsverhältnis unbestimmten Umfangs verlangt (Präambel Nr. 2). Die erste Bedingung stellt eine fachliche Qualifikation der leitenden Personen sicher, die der eines Pfarrers entspricht, die zweite Bedingung stellt die dienstrechtliche Aufsichtsmöglichkeit durch die Diözesanleitung sicher. Beide Bedingungen sind nicht disponibel, eine Person ohne pastorale Ausbildung kann auf der Basis dieses Statuts so wenig leitende Person werden wie diese Aufgabe ehrenamtlich übernommen werden kann, unbeschadet des Rechts des Diözesanbischofs, von dieser Norm im Einzelfall zu dispensieren.

Das Statut legt allerdings weder fest, dass die leitende Person über eine volle Stelle verfügen muss, noch begrenzt sie die Auswahl der leitenden Personen nur auf die Berufsgruppe der Pastoralreferentinnen und Pastoralreferenten ständigen Diakone im Hauptberuf – dies gilt nur „in der Regel“, auch wenn in der Praxis Angehörige anderer Berufsgruppen mit zweiter Dienstprüfung (z. B. ständige Diakone im Zivilberuf) und Teilzeitanstellungen eher die Ausnahme sein werden. Grundsätzlich ist es aber durchaus möglich, die Leitung einer kleineren Kirchengemeinde mit anderen Aufgaben zu kombinieren oder in Teilzeit auszuüben.

2.8    Einsatzort, Dauer und Verlust der Beauftragung von Pfarrbeauftragten/r und zuständigem Priester

Pfarrbeauftragte wie zuständige Priester sollen in der Regel nur für eine einzelne Kirchengemeinde bestellt werden (§ 1 Nr. 2). Dass mit dieser Norm zugleich Ausnahmen von der Regel ermöglicht werden, ist durchaus sachgerecht, da so auf Sondersituationen (zu denken ist vor allem an sehr kleine Gemeinden) besser reagiert werden kann.

Sowohl der/die Pfarrbeauftragte wie auch der zuständige Priester werden immer auf genau 5 Kalenderjahre ernannt (§ 1 Nr. 2), was mit Blick auf etwaige Renten- und Pensionsgrenzen nicht ohne Probleme bleiben wird. Im Zweifel ist der/die jeweils Betroffene nach dem Statut aber auf 5 Jahre zu ernennen, auch wenn aufgrund des Lebensalters klar ist, dass diese Zeit nicht voll ausgeschöpft werden kann.

Die grundsätzliche Benennung beider Personen auf Zeit grenzt die Pfarrbeauftragten wie die zuständigen Priester klar von den auf Dauer ernannten Pfarrern ab. Dies ist allerdings nicht unbedingt sachgerecht, denn die Regelungen nach can. 517 § 2 CIC setzen einen Priestermangel auf Dauer voraus, der nach aller berechtigten Erwartung in der Regel nicht innerhalb von 5 Jahren verschwinden wird. Zugleich konzipiert der Codex Iuris Canonici die pfarrliche Seelsorge konsequent von stabilen, auf Dauer angelegten Beziehungen zwischen Seelsorgern und Gemeinden her, sodass eine nur 5-jährige Amtszeit der Pfarrbeauftragten wie auch des zuständigen Priesters dem kaum gerecht wird. Da jedoch die Möglichkeit einer erneuten Bestellung besteht, ist mit einem deutlich längeren Verbleib der betreffenden Personen in ihrer konkreten Aufgabe zu rechnen.

Nicht unproblematisch ist in diesem Kontext allerdings das Fehlen einer Regelung zur Abberufung der jeweiligen Amtsträger, sodass hier die allgemeinen Bestimmungen (can. 184–196 CIC) des CIC Buch I Titel IX Kapitel II (Verlust des Kirchenamts) greifen. Besonders beachtenswert ist dabei can. 186 CIC, sodass auch die zeitlich befristete Übertragung eines Amtes (wie hier die der Pfarrbeauftragten oder der zuständigen Priester) am Ende immer einer schriftlichen Bestätigung des Amtsverlustes durch die HA V – Pastorales Personal – bedarf.

2.9    Verhältnis von Pfarrbeauftragtem/Pfarrbeauftragter und zuständigem Priester

Theologisch wie kanonistisch anspruchsvoll stellt sich das Verhältnis zwischen leitender Person (Pfarrbeauftragtem/Pfarrbeauftragter) und zuständigem Priester dar, der aufgrund universalkirchlicher Vorgaben im Statut als letztverantwortlich bestimmt wird (Präambel Nr. 2; vgl. auch § 4). Beide treten der zu leitenden Kirchengemeinde direkt und unmittelbar gegenüber als vom Bischof mit der Wahrnehmung der Hirtensorge beauftragte Amtsträger, ohne dabei jedoch Pfarrer zu sein. Die Aufgabe des Pfarrers wird vom Bischof übernommen, der dann die Aufgaben des Pfarrers an diese beiden Personen direkt delegiert (Präambel Nr. 2) und damit der eigentliche letztverantwortliche bleibt.

Dies entspricht der Konzeption der KGO, die zwar begrifflich die Leitung der Kirchengemeinde durch einen kanonischen Pfarrer als Regelfall vorauszusetzen scheint, weil sie zumeist vom „Pfarrer“ spricht, in § 1 Abs. 3 jedoch nur von der Leitung der Kirchengemeinde durch einen vom Bischof ernannten Priester spricht, der nicht in jedem Fall kanonischer Pfarrer sein muss. Vielmehr wird im Fall einer Regelung nach can. 517 § 2 CIC diese Aufgabe auf zwei Personen aufgeteilt, von denen nur eine die Priesterweihe empfangen haben muss.

Das Statut stellt daher deutlich heraus, dass die bestellte nicht-priesterliche Person amtlich leitet (Präambel Nr. 2; vgl. auch § 1). Nicht ohne Probleme ist dabei die Formulierung, sie tue dies „unter der Letztverantwortung“ des bestellten Priesters, weil der Begriff der Letztverantwortung kaum definiert ist. Der Codex sieht zweifelsohne vor, dass der zuständige Priester „die Hirtensorge leitet“, zugleich gilt aber auch, dass der/die Pfarrbeauftragte seine/ihre Aufgaben im bischöflichen Auftrag versieht und nicht in Vertretung des zuständigen Priesters. Streng genommen behält der die beiden Leitungspersonen beauftragende Bischof die Letztverantwortung, auch wenn er diese an den bestellten Priester delegiert. So ist der mit nur delegierter Gewalt ausgestattete Priester klar vom eigenberechtigt handelnden kanonischen Pfarrer zu unterscheiden.

2.10    Auftrag, Aufgaben und Befugnisse des/der Pfarrbeauftragten und des zuständigen Priesters

Die §§ 3 und 4 müssen im Zusammenhang gelesen werden, um zu verstehen, wie die beiden Ämter des/der Pfarrbeauftragten einerseits und des zuständigen Priesters andererseits erst im Zusammenspiel die Aufgaben eines Pfarrers wahrnehmen können.

Auf den ersten Blick wird deutlich: Weder der/die Pfarrbeauftragte noch der zuständige Priester sind selbst Pfarrer. Vielmehr erhält der/die Pfarrbeauftragte Anteil am Leitungsamt des Pfarrers (§ 3 Nr. 1 u. § 4 Nr. 1). Diese Anteilgabe ist sowohl etwas anderes als die bloße Mithilfe der Laien an der Hirtensorge des Pfarrers nach can. 519 CIC als auch von der regulären Bestellung eines Pfarrers zu unterscheiden. Während die Bestellung des Pfarrers in can. 515 § 1 CIC mit „übergeben“ (committere) beschrieben und damit eher in das Wortfeld der Sendung gestellt wird, kommt im in can. 517 § 2 CIC verwendeten concredere („anvertrauen“) stärker das in die Person gesetzte Vertrauen des Bischofs zum Ausdruck. Aus den nachfolgenden Bestimmungen wird deutlich, dass die entsprechende Anteilgabe nach can. 517 § 2 CIC nicht verstanden werden darf als Übertragung einzelner Aufgaben des pfarrerlichen Aufgabenbündels (vgl. can. 528 ff. CIC) an den/die Pfarrbeauftragte/n, während der zuständige Priester andere Aufgaben zu übernehmen hätte. Vielmehr werden dem/der bestellten Pfarrbeauftragten nach dem Statut „alle Aufgaben eines Leitenden Pfarrers delegiert mit Ausnahme derer, die sich aus der besonderen Verantwortung des Pfarrers nach § 19 Absatz 1 KGO ergeben, und der Funktion des Vorsitzenden kraft Amtes im Kirchengemeinderat“ (§ 3 Nr. 5). Natürlich kann und muss er/sie diese Aufgaben des Pfarrers in Ermangelung der Weihe in anderer Weise ausfüllen. Dies wird im Weiteren der Ordnung im Detail ausgefaltet.

Der zuständige Priester wird ausdrücklich nicht investierter Pfarrer, hat aber „die Befugnisse und Vollmachten eines Pfarrers“, die ihm gemäß seinem Ernennungsdekret übertragen werden (§ 4 Nr. 1). Bei Ausfertigung dieses Dekretes wird zu bedenken sein, dass der zuständige Priester in jedem Fall alle jene Befugnisse und Vollmachten wird übernehmen müssen, die exklusiv an die Weihe gebunden sind, also die Spendung der Erwachsenentaufe zusammen mit der Firmung (can. 883 Nr. 2 i. V. m. can. 530 Nr. 1 CIC), die Eheassistenz und die Erteilung des Brautsegens (can. 530 CIC) verbunden mit der Erteilung jener Dispensen, die der Pfarrer erteilen kann (z. B. can. 1118 § 1 CIC)[4], sowie die Delegation der Trauvollmacht (can. 1108 § 1; 1111 § 1 CIC).

Gemäß § 4 Nr. 2 des Statuts unterliegt der zuständige Priester nicht der Residenzpflicht, muss also nicht in der Kirchengemeinde wohnen. Damit wird noch einmal klargestellt, was sich eigentlich schon aus dem allgemeinen Gesetz ergibt: Der zuständige Priester ist nicht kanonischer Pfarrer und also sind ihm dessen Pflichten auch nicht auferlegt. Canon 18 CIC verlangt hier eine enge Interpretation der Normen, sodass der zuständige Priester weder an die Residenzpflicht (can. 533 CIC) gebunden noch zur Applikation einer Messe am Sonntag für das ihm anvertraute Volk (can. 534 CIC) verpflichtet ist.

Eine analoge Bestimmung zur Residenzpflicht des/der Pfarrbeauftragten fehlt im Statut. Seine/ihre Residenzpflicht ergibt sich aber aus Nr. 9 der Dienstordnung für Pastoralreferenten in der Diözese Rottenburg vom 1. Mai 1977.

Im Statut fehlt eine Regelung zur Applikationspflicht in nach can. 517 § 2 CIC von einem/einer Pfarrbeauftragten geleiteten Pfarrei. Nach can. 534 § 2 CIC ist allerdings der Pfarrer, der die Seelsorge für mehrere Pfarreien hat, an den Sonn- und gebotenen Feiertagen zur Applikation einer Messe für das ganze ihm anvertraute Volk verpflichtet. Dies gilt klar auch für Pfarrer, die in einer anderen Pfarrei gemäß can. 517 § 2 CIC zuständiger Priester sind und sollte auch von Priestern in anderen Konstellationen bedacht werden.

Die Bestimmungen von § 3 Nr. 2 und § 4 Nr. 4 des Statuts bringen die unterschiedlichen Rollen des/der Pfarrbeauftragten und des zuständigen Priesters klar zum Ausdruck: Dem zuständigen Priester kommt fraglos die Feier der Eucharistie und die Spendung der Sakramente zu, dies ist der zentrale Inhalt seiner Beauftragung. Die starke Stellung des/der Pfarrbeauftragten wie auch die Abgrenzung des zuständigen Priesters vom kanonischen Pfarrer hingegen kommt in der Bestimmung zum Ausdruck, dass der zuständige Priester im Einzelfall und in Absprache mit dem/der Pfarrbeauftragten andere Priester mit der Feier der Eucharistie und der Sakramente beauftragen kann (§ 4 Nr. 3). Damit ist zweierlei ausgeschlossen:

  1. Es können andere Priester nicht dauerhaft beauftragt werden. Diese Regelung wird in der Praxis nicht ohne Probleme bleiben, weil so dauerhafte Regelungen etwa im Seelsorgebereich über die Wahrnehmung einzelner Zelebrationen hinaus nicht mehr möglich sind. Mit den Vorgaben des Statut vereinbar wäre aber eine Absprache des zuständigen Priesters über viele Einzelzelebrationen in einem abgeschlossenen Zeitraum.
  2. Der zuständige Priester kann nicht eigenmächtig handeln. Auch wenn es seine Sache ist, andere Priester zu beauftragen – er muss sich hier mit dem/der Pfarrbeauftragten abstimmen, sowohl was die Zeit der Feiern als auch die Person des Zelebranten angeht.

Auch wenn in der Bestimmung zum/zur Pfarrbeauftragten klar das Ideal einer kooperativen und partizipativen Leitung aus der KGO (§ 19 Abs. 1) zu erkennen ist, so ist es doch sprachlich auffällig, dass der/die Pfarrbeauftragte „in enger Kooperation mit den gewählten Gremien“ (§ 3 Nr. 2) seinen/ihren Dienst auszuüben hat. Seine Aufgabe besteht also anders als beim Pfarrer nach § 19 Abs. 1 KGO nicht in der Leitung gemeinsam mit dem KGR.

§ 3 Abs. 3 und § 4 Abs. 4 des Statuts regeln das dienstrechtliche Miteinander der beauftragten Person und des zuständigen Priesters: Der/die Pfarrbeauftragte arbeitet eigenständig, weil die Grundlage seines/ihres Dienstes eine bischöfliche Beauftragung mit klar umrissenen Aufgabenfeldern ist. Insofern ist sein/ihr Tun nicht abhängig von der Zu- oder Anweisung des zuständigen Priesters. Der zuständige Priester wiederum übt – ebenfalls auf der Grundlage eines bischöflichen Dekrets – die Dienst- und Fachaufsicht aus, was ihn in die Lage versetzt, dem/der Pfarrbeauftragten konkrete Weisungen zu erteilen. Soweit er dies tut, befindet sich der/die Pfarrbeauftragte in derselben Situation wie ein/e Pastoralreferent/in in einer Gemeinde mit eigenem Pfarrer.

Zugleich trägt der/die Pfarrbeauftragte – und das macht seine Eigenständigkeit aus –mannigfaltige Verantwortung für verschiedene Teilbereiche der Pastoral, in denen er/sie ohne konkrete Weisung tätig werden kann. Daher kommt sowohl dem/der Pfarrbeauftragten als auch dem zuständigen Priester die Verantwortung zu, selbstständig relevante Aufgabenbereiche der Pastoral zu erkennen und in ihnen von sich aus tätig zu werden. Die Verantwortung gegenüber dem Bischof, dass dies auch tatsächlich geschieht, trägt nach can. 517 § 2 CIC wie auch nach § 4 Nr. 3 des Statuts jedoch alleinder zuständige Priester.

§ 3 Nr. 4 des Statuts stellt sicher, dass der/die Pfarrbeauftragte und über ihn die nach can. 517 § 2 CIC geleitete Kirchengemeinde auch im Pastoralteam der Seelsorgeeinheit vertreten ist und so eine Verzahnung der Arbeit in der Kirchengemeinde mit der Seelsorgeeinheit organisatorisch sichergestellt wird. In § 4 des Statuts, der Auftrag, Aufgaben und Befugnisse des zuständigen Priesters regelt, fehlt eine vergleichbare Bestimmung: Es ist also ausdrücklich nur der/die Pfarrbeauftragte als Seelsorger/in seiner/ihrer Kirchengemeinde im Pastoralteam der Seelsorgeeinheit vertreten, nicht (auch) der zuständige Priester.

Sollte der zuständige Priester aufgrund eines anderen Amtes Mitglied des Pastoralteams der Seelsorgeeinheit sein, hat er deshalb darauf zu achten, dass die Vertretung der Interessen der Kirchengemeinde im Pastoralteam qua Amt dem/der Pfarrbeauftragten zukommt. Der zuständige Priester sollte im Falle konfligierender Interessen zwar wie alle anderen im Pastoralteam der Seelsorgeeinheit um einen Ausgleich bemüht sein, sich dabei jedoch stets um Rollenklarheit bemühen und in jedem Fall die vorrangige Zuständigkeit des/der Pfarrbeauftragten respektieren.

§ 3 Nr. 5, demzufolge dem/der Pfarrbeauftragten alle Aufgaben eines leitenden Pfarrers zukommen, mit Ausnahme der zugleich benannten (also jener, „die sich aus der besonderen Verantwortung des Pfarrers nach § 19 Absatz 1 KGO ergeben, und der Funktion des Vorsitzenden kraft Amtes im Kirchengemeinderat“), normiert ein Regel-Ausnahmeverhältnis. Das bedeutet: Der/die Pfarrbeauftragte kann und darf alles das tun, was der Pfarrer auch kann und darf, soweit dies nicht ausdrücklich ausgenommen wurde.

Diese Abgrenzung von Aufgaben und Zuständigkeiten gründet in der Kernaufgabe des Amtes, den Wesenskern kirchlicher Selbstvollzüge und damit die Selbstidentität der Kirche zu wahren, wobei diese Wahrung der Einheit nicht allein Aufgabe des Amtes, sondern Aufgabe aller Getauften ist. Die Bestimmungen in § 19 Abs. 1 Satz 5 KGO i. V. m § 19 Abs. 4 und 5 KGO sind daher nicht als eine umfassend-exklusive Zuständigkeit des Pfarrers für die Wesensvollzüge der Kirche (koinonia, martyria, liturgia und diakonia) zu verstehen. Vielmehr kommt dem Pfarrer eine besondere Verantwortung für den Wesenskern dieser Vollzüge der Kirche zu; dieser darf nicht angetastet oder gefährdet werden. Diese besondere Rolle des Amtes wird in § 18 KGO ausgedrückt, wenn in allen diesen Wesenskern nicht berührenden Fragen der KGR im Rahmen des Rechts auch gegen den Willen des Pfarrers entscheiden kann; dementsprechend liegen in einer nach can. 517 § 2 CIC geleiteten Pfarrei alle Aufgaben des Pfarrers bei dem/der Pfarrbeauftragten, ausgenommen die Aufgabe, den Wesenskern der kirchlichen Selbstvollzüge zu schützen.

Diese Aufgabe kommt nach dem Statut dem zuständigen Priester zu, der vor dem Bischof die Verantwortung dafür trägt, dass eben diese Selbstvollzüge der Kirche keinen Schaden nehmen (§ 4 Abs. 5 i.V.m § 19 Abs. 1 Satz 5 KGO). Daher sitzt er neben dem/der Gewählten Vorsitzenden dem KGR vor (§ 18 Abs. 1 KGO) und vertritt die Kirchengemeinde zusammen mit dem/der Gewählten Vorsitzenden gerichtlich und außergerichtlich (§ 17 Abs. 2 KGO). Letztere Bestimmung steht in Spannung zu § 4 Nr. 6.4 des Statuts, der auch dem/der Pfarrbeauftragten die Außenrepräsentanz der Kirchengemeinde zuschreibt.

Der/die Pfarrbeauftragte gehört dem KGR als Mitglied mit beschließender Stimme an (§ 21 Abs. 1 Nr. 2 KGO), es obliegt seiner/ihrer Verantwortung, „alle wesentlichen Angelegenheiten des gemeindlichen Lebens dem Kirchengemeinderat zur Beratung und Beschlussfassung zu unterbreiten“ (§ 19 Abs. 3 Satz 3 KGO). § 3 Abs. 6 des Statuts, der die Einzelaufgaben des/der Pfarrbeauftragten aufzählt, hat keine Entsprechung in den Bestimmungen von § 4 zu Auftrag, Aufgaben und Befugnissen des zuständigen Priesters. Dies macht einmal mehr die starke Stellung des/der Pfarrbeauftragten deutlich.

Die einzelnen Aufgaben des/der Pfarrbeauftragten sind im Statut klar umschrieben (§ 3 Nr. 6). Hier sei nur auf einige Aspekte hingewiesen:

  1. Alle im Statut genannten Kompetenzen des/der Pfarrbeauftragten laufen in der Zusammenschau auf eine umfassende Zuständigkeit des/der Pfarrbeauftragten für die jeweiligen Themenfelder hinaus: Er/Sie ist nicht allein für Teilbereiche (wie etwa die Firmkatechese) zuständig, vielmehr ist es seine/ihre zentrale Aufgabe – wie dies in anderen Zusammenhängen die Aufgabe des Pfarrers ist – dafür Sorge zu tragen, dass Katechese in all ihre Ausprägungen stattfindet (§ 3 Nr. 6.2), dass Liturgie mit und für alle Alters- und Neigungsgruppen möglich ist (§ 3 Nr. 6.1), etc.
  2. § 3 Nr. 6.3 des Statuts weist deutlich über den Raum der Kirchengemeinde hinaus auf Menschen in Notlagen, unabhängig von Religion und Konfession. Hier ist unschwer can. 529 § 1 CIC zu erkennen und damit eine der Hirtenaufgaben des Pfarrers, die nicht allein auf die Kerngemeinde beschränkt ist.
  3. Auch die Mitgliedschaft des/der Pfarrbeauftragten im Verwaltungsausschuss wie auch das Hausrecht in der Pfarrkirche sowie in anderen Kirchen und Kapellen (§ 3 Nr. 6.4) weist darauf hin, dass es der/die Pfarrbeauftragte ist, der/die das Amt des Pfarrers im Wesentlichen auszufüllen hat. Der einschränkende Verweis auf den rector ecclesiae (can. 556 CIC) ist in der Sache richtig, für die Praxis wird es allerdings sinnvoll und naheliegend sein, den zuständigen Priester mit dieser Aufgabe zu betrauen, dem damit in Zweifelsfällen die Letztentscheidung zukommt.

§ 5 des Statuts über die Begleitung der Pfarrbeauftragten und der zuständigen Priester ist zumindest unglücklich formuliert, weil hier ein Handeln sachlich festgestellt und damit erwartet wird, wenn es dort heißt: „Die Pfarrbeauftragten und die zuständigen Priester werden durch die Hauptabteilung V – Pastorales Personal unter Einbeziehung der Hauptabteilung IV – Pastorale Konzeption des Bischöflichen Ordinariates zu regelmäßigen Treffen eingeladen, die dem Erfahrungsaustausch und der spirituell-theologischen Begleitung dienen. Darüber hinaus sind aufgabenspezifische Fortbildungen verpflichtend.“ Der Sache nach wird damit den HA V und IV auferlegt, regelmäßige Treffen der Pfarrbeauftragten mit den zuständigen Priester auszurichten, ohne dass sich aus dem Statut aber ableiten lässt, wer schlussendlich dafür verantwortlich ist, die „aufgabenspezifische[n] Fortbildungen“ i. S. v. § 5 des Statuts tatsächlich anzubieten. Zu bedauern ist, dass weder die Pfarrbeauftragten noch die zuständigen Priester einen belastbaren Rechtsanspruch auf entsprechende Begleitung oder Fortbildung haben.

Gemäß der Promulgationsformel in § 6 hat Bischof Dr. Gebhard Fürst das „Statut für die Leitung von Kirchengemeinden nach can. 517 § 2 CIC“ für die Diözese Rottenburg-Stuttgart zum 1. September 2020 in Kraft gesetzt. Relevanz kann und wird es erst mit der Einleitung der Bestellung von Pfarrbeauftragten und zuständigen Priestern finden, danach muss es sich in der Praxis bewähren.

Autorin: Friedolf Lappen, zuletzt aktualisiert am: 01.04.2022.

Kommentar als PDF Herunterladen

Fußnoten

[1] Vgl. Michael Böhnke, Pastoral in Gemeinden ohne Pfarrer. Interpretation von c. 517 § 1 CIC/1983 (Münsterischer Kommentar zum Codex Iuris Canonici, Beihefte 12), Essen 1994, 20; John A. Renken, Kommentar zu c. 517 § 2, in: John P. Beal/James A. Corridem/Thomas J. Green (Hg.), New Commentary on the Code of Canon Law, New York/Mahwah, 200, 685; Heribert Schmitz, „Gemeindeleitung“ durch „Nichtpfarrer-Priester“ oder „Nichtpriester-Pfarrer“. Kanonistische Skizze zu dem neuen Modell pfarrlicher Gemeindeleitung des c. 517 § 2 CIC, in: Archiv für katholisches Kirchenrecht 161 (1992), 329–361, 344 verweist lediglich auf Lateinamerika.

[2] Vgl. PO 5. Es ist kritisch anzumerken, dass hier eine Konzeption aus dem Ordodekret des Trienter Konzils klar vorherrscht, die Leitung vor allem von der Konsekrationsvollmacht her denkt. Das II. Vatikanische Konzil setzt die Akzente hier anders und denkt Leitung vom Amt der Bischöfe her, die „an Gottes Stelle der Herde vorstehen, deren Hirten als Lehrer der Unterweisung, als Priester im heiligen Kult als Diener in der Leitung sind“ (LG 21, Übersetzung FL) und an deren Amt die Priester und Diakone in besonderer (LG 28; PO 2), die beauftragten Laien in anderer Weise (LG 28; PO 9) Anteil haben. Die zwingend nötige Beteiligung eines Priesters an der amtlichen Leitung einer Gemeinde müsste so nicht vom Band zwischen Leitung und Eucharistie, sondern von der umfassenden Repräsentanz des Bischofs auch als Vorsteher der Eucharistie (vgl. PO 6) her gedacht werden. Vgl. hierzu Friedolf Lappen, Vom Recht zu reden und vom Recht, gehört zu werden. Synoden und Foren als Mittel der Teilhabe der Gläubigen an den Leitungsfunktionen der Kirche in Deutschland (Münsterischer Kommentar zum Codex Iuris Canonici, Beihefte 46), Essen 2007, 16f.

[3] Vgl. entsprechend Kongregation für den Klerus, Instruktion „Die pastorale Umkehr der Pfarrgemeinde im Dienst an der missionarischen Sendung der Kirche“ v. 29.06.2020, in: Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls Nr. 226, hrsg. v. Sekretariat der DBK, Bonn 2020, Nr. 88.

[4] Falls eines Tages auch die Pfarrbeauftragten Trauvollmacht nach can. 1112 CIC erhalten, so ist darauf hinzuweisen, dass diese keinesfalls selbst die Trauvollmacht delegieren können.