Rahmenordnung für die Studenten- und Hochschulgemeinden in der Diözese Rottenburg-Stuttgart

1.    Hinführung

Seelsorge an Hochschulen geschieht durch sog. Hochschul- (KHG) bzw. Studentengemeinden[1] (KSG).[2]Sie dienen der seelsorgerischen Betreuung der Katholiken an der Hochschule und bilden damit eine Form der Kategorialseelsorge. „Sie unterstützen und begleiten die Katholiken, die an den Hochschulen als Dozenten, Studenten, Forscher oder Mitarbeiter tätig sind, in ihrem Leben als Christen, sind ökumenisch ausgerichtet und machen auch Angebote für nicht-christliche Studierende und Hochschulangehörige.“[3] Ihre rechtliche Grundlage finden Studenten- und Hochschulgemeinden in den Canones 516 § 2 und 813 CIC. Demnach hat der Diözesanbischof für die Seelsorge der Studierenden Sorge zu tragen. Dieser Verpflichtung kann er durch die Errichtung einer eigenen Pfarrei, was allerdings nur an wenigen Hochschulorten geschehen ist[4], oder durch sonstige seelsorgerische Formen nachkommen, mindestens aber muss er dauerhaft einen Priester für die Hochschulseelsorge ausweisen.

Solche Hochschul- und Studentengemeinden existieren nicht an allen Standorten der Hochschulseelsorge. Während es an den größeren, insbesondere Universitätsstandorte, eine ausgeprägte Struktur mit gewähltem Gemeinderat, Arbeitsgruppen und umfangreichem Programm gibt, zeichnen sich die kleineren Standorte durch eine starke Präsenz der Seelsorger aus. In der Diözese Rottenburg-Stuttgart gibt es Hochschul- und Studentengemeinden an den Standorten: Stuttgart (Stadtmitte und Hohenheim, sowie das Ökumenische Zentrum in Vaihingen), Tübingen, Ulm, Heilbronn, Ludwigsburg, Nürtingen, Reutlingen, Weingarten, Aalen und Schwäbisch Gmünd. In Schwenningen gibt ebenfalls eine hochschulseelsorgerische Betreuung, allerdings nicht in Form einer Hochschul- bzw. Studentengemeinde.

Auf Diözesanebene vernetzen sich die im Hochschulpastoral tätigen Personen auf der Konferenz für Hochschulpastoral (KHP). Jedes Jahr finden zwei diözesanweite Konferenzen sowie alle zwei Jahre eine Tagung mit Fortbildungsteil statt. Auf Landesebene haben sich die Evangelische Landeskirche in Baden, die Erzdiözese Freiburg, die Evangelische Landeskirche in Württemberg und die Diözese Rottenburg-Stuttgart in der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Hochschulseelsorge zusammengeschlossen. Ihre Ziele und Aufgaben sind: Kollegialer Austausch, insbesondere über konzeptionelle Fragen, Abstimmung über gemeinsame Aktivitäten an der Hochschule, Begründung einer Plattform, um seelsorgliche und hochschulpolitische Angelegenheiten, die das gesamte Land betreffen, zu beobachten, zu diskutieren und ggf. für Gespräche mit den zuständigen Stellen des Landes, insbesondere dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst sowie den Kirchenleitungen frühzeitig vorzubereiten, Kontaktgespräche auf politischer Ebene bei konkreter Beauftragung durch die Kirchenleitungen und Ausrichtung einer Landeskonferenz für alle Hochschulseelsorger in Baden-Württemberg im zweijährigen Rhythmus.[5] Auf Bundesebene findet jährlich eine Konferenz der Hochschulpastoral statt. Zur überdiözesanen Bündelung hat die Deutsche Bischofskonferenz zudem im Jahr 2000 das Forum Hochschule und Kirche (FHoK) gegründet.[6] Dieses bietet u. a. den Einführungskurs für neue Hochschulseelsorger/innen an.

2.    Angebot und Tätigkeit

Ihren seelsorgerischen Auftrag (§ 1 Abs. 2) verwirklichen Hochschul- und Studentengemeinden auf ganz unterschiedliche Art und Weise: Gottesdienste finden insbesondere zu Semesterbeginn und Semesterende statt, meist als ökumenischer Gottesdienst in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Hochschulgemeinde. An den größeren Standorten, wie Universitäten, gibt es daneben wöchentliche Gottesdienste, auch in Fremdsprachen. Hinzu kommen besondere Andachten, Taizégebete, Prüfungssegen und weitere Formen der Seelsorge. Im Bereich der diakonischen Tätigkeiten ist insbesondere die Beratung ausländischer Studierender ein Schwerpunkt der Arbeit (Finanzierung des Studiums, allgemeine Finanzlage, Wohnsituation, Lebensfragen und weitere Probleme). Zudem eröffnet die Hochschulpastoral Zugänge zu Förderprogrammen und einem Notfallfonds für ausländische Studierende.

Im Bereich der Begegnung, der personalen Präsenz vor Ort und des Ansprechbarseins stehen Angebote zum gemeinsamen Mittagessen, Verkauf von Eine-Welt-Waren, Informationsstände und Begegnungsabende, wie z. B. Länderabende auf dem Programm. Daneben gibt es ein umfangreiches Angebot mit Vorträgen und Podiumsveranstaltungen, die sich von Standort zu Standort unterscheiden. In Stuttgart, Tübingen, Ulm und Weingarten unterhalten die Hochschulgemeinden auch Wohnheime für Studierende.

„Das passagere Moment von Hochschulpastoral als ‚Gemeinde auf Zeit‘ bedeutet einerseits, eine vorübergehende geistig-geistliche Beheimatung zu bieten und dies immer wieder auch mit ungewohnten Methoden und Gestaltungselementen versuchen zu müssen. Es bedeutet andererseits, die ankommenden und verweilenden Menschen zur rechten Zeit auch wieder frei ziehen zu lassen. Diese Balance einer Gastlichkeit in der Freiheit des Evangeliums zwischen Identifikation und Offenheit, Verweilen und Aufbruch, Sammlung und Sendung muss von den KHGn/KSGn bewusst eingeübt werden und bedarf stets einer neuen Justierung. Wenn sie gelingt, kann sie sich als inspirierendes Modell für die ‚ecclesia semper peregrinans et reformanda‘, die immerfort pilgernde und sich erneuernde Kirche erweisen.“[7]

3.    Ökumenische Zusammenarbeit

Mit Zunahme der Säkularisierung und dem Schwinden der Konfessionsbindung hat die ökumenische Zusammenarbeit in den Hochschulgemeinden zugenommen (§ 1 Abs. 4). Eine Absprache über Programmangebote und gemeinsame Veranstaltungs- und Beratungsangebote ist in der Zwischenzeit gängige Praxis. Bei der Suche nach Beratungsangeboten unterscheiden die Ratsuchenden oftmals nicht nach Konfession der Berater/innen. Eine größere Rolle spielt die Konfession der Beratenden hingegen für Studierende der Faches Katholische Theologie oder Katholische Theologie auf Lehramt.

Die LAG Hochschulseelsorge in Baden-Württemberg hat im Februar 2020 „Empfehlungen zur ökumenischen Zusammenarbeit in der Hochschulpastoral der LAG Hochschulseelsorge der 4 Kirchen in Baden Württemberg“als internes Papier für die Arbeit in den Hochschulgemeinden vorgelegt. Darin heißt es unter anderem: „Mitarbeiter*innen in der Hochschulpastoral/Hochschulseelsorge sind von ihren Kirchen beauftragt, Studierende und Mitarbeiterinnen der Hochschulen und Universitäten zu begleiten und am Wertekanon der Hochschule mitzuarbeiten und dabei das spezifisch Christliche einzubringen. Ihr gemeinsamer Dienst wendet sich an Menschen unabhängig von Religion, Konfession oder Weltanschauung. Dazu wird eine größtmögliche ökumenische Zusammenarbeit angestrebt.“[8]

4.    Personal und Leitung

Die notwendigen personellen und institutionellen Voraussetzungen (§ 1 Abs. 1) regelt der Integrierte Stellenplan der Diözese Rottenburg-Stuttgart vom 01.08.2019. Die Stellen der Hochschulpastoral sind auch nach der Inkraftsetzung des neuen Stellenplanes direkt der Diözese zugeordnet. Die konzeptionelle Zuständigkeit liegt bei der HA IV – Pastorale Konzeption, die personelle Zuständigkeit bei der HA V – Pastorales Personal.

Als Leitung von Studenten-/Hochschulgemeinden können Priester und Pastoralreferent/innen gleichermaßen bestellt werden (§ 4 Abs. 1). Auch an Hochschulstandorten mit mehreren Personalstellen, wie bspw. in Tübingen und Stuttgart, muss die Leitungsstelle nicht notwendigerweise mit einem Priester besetzt werden. An allen anderen Standorten handelt es sich jeweils nur um eine Teilzeitstelle mit einer Person, die dann auch automatisch die Leitung innehat.

Satzungen, die die Mitwirkung der Gemeindegremien, wie den gewählten Gemeinderäten, bei der Stellenbesetzung regeln (§ 4 Abs. 1), finden sich nur an den Hochschulgemeinden der Universitätsstandorte in Ulm und Tübingen. Allerdings werden diese nicht mehr angewandt, da sie nicht mehr den Gegebenheiten vor Ort entsprechen. Sie bedürfen zukünftig der Überarbeitung. Aktuell geschieht die Stellenbesetzung von Fall zu Fall nach Rücksprache mit den zuständigen Referent/innen der Hauptabteilungen IV und V.

Für den Bereich der Diözese Rottenburg-Stuttgart wurde ein Leitungsteam der Katholischen Hochschulpastoral gebildet, dem drei gewählte Vertreter/innen aus den Reihen der Hochschulseelsorger/innen und die beiden zuständigen Referent/innen aus den Hauptabteilungen IV – Pastorale Konzeption und V – Pastorales Personal angehören. Die gewählten Mitglieder des Leitungsteams werden für den Turnus von zwei Jahren von der diözesanen Konferenz für Hochschulpastoral gewählt.[9] Dieses Leitungsteam bereitet zwei jährliche Konferenzen und alle zwei Jahre eine diözesane Tagung zu einem Schwerpunktthema vor.

5.    Entscheidungsgremien und Mitwirkung

Die Hochschulgemeinden tragen in ganz unterschiedlicher Art und Weise Sorge dafür, die Mitentscheidung der Gemeindeangehörigen zu gewährleisten (§ 3). Allerdings finden sich gewählte Entscheidungsgremien, wie z. B. ein Gemeinderat, nur an den drei Universitätsstandorten Stuttgart Stadtmitte, Ulm und Tübingen. Wobei jedoch nicht alle über eine Satzung sowie keiner von ihnen über Haushaltsrecht verfügen.

An anderen Standorten werden die Entscheidungen im Rahmen regelmäßiger Treffen getroffen, so bspw. beim sog. „Montagstreff“ im Ökumenischen Zentrum in Stuttgart-Vaihingen. Aufgrund fehlender rechtlicher Regelungen ist bei diesen aber bspw. unklar, wer ihnen angehört und mitbestimmen darf. An einigen kleineren Standorten, wo es weder feste Gruppen noch regelmäßige Termine gibt, treffen die Hochschulseelsorger die Entscheidungen vollends allein.

6.    Haushalt und Finanzierung

Die in der Rahmenordnung beschriebenen Regelungen zu Haushalt und Finanzierung (§ 5) finden in der Diözese Rottenburg-Stuttgart keine Anwendung. Anstelle dessen erhalten die einzelnen Hochschulgemeinden auf Grundlage des Vorjahresberichts ein Budget von der Hauptabteilung IV – Pastorale Konzeption. Anschaffungen, die über dem Rahmen des Haushalts hinausgehen, müssen von der Hauptabteilung IV geprüft und genehmigt werden. Dazu ist ein Antrag an die Hauptabteilung IV zu stellen.

Autor: Achim Wicker, zuletzt aktualisiert am: 01.04.2022.

Fußnoten

[1] Hießen fast alle diese Gemeinden ursprünglich Studentengemeinde, so wurden sie seit den 1970er Jahren zumeist in Hochschulgemeinde umbenannt, um deutlich zu machen, dass sie allen Hochschulangehörigen offenstehen. An Standorten mit mehreren Hochschulen hat die Gemeinde für die Fachhochschule zumeist den Titel Studentengemeinde (KSG) beibehalten.

[2] Vgl. ausführlich Sekretariat der DBK (Hg.), Hochschulpastoral als Dienst der Kirche im öffentlichen Leben Deutschlands. Status quo und Zukunftsperspektiven v. 22.01.2013 (Die deutschen Bischöfe. Kommission für Wissenschaft und Kultur 36), Bonn 2013.

[3]

DBK, Wissenschaft und Hochschule, in: www.dbk.de/katholische-kirche/aufgaben/wissenschaft-und-hochschule/ (zuletzt abgerufen am 29.04.2020).

[4] Bspw. in Bonn und Mainz; vgl. hierzu Alfred E. Hierold, § 51 Schul- und Hochschulseelsorge, in: Stephan Haering/Wilhelm Rees/Heribert Schmitz (Hg.), Handbuch des katholischen Kirchenrechts, Regensburg 32015, 776 f.

[5]

Vgl. Hochschulseelsorge in Baden-Württemberg, Über uns, in: hochschulseelsorgeinbw.de/index.php/ueber-uns (zuletzt abgerufen am 29.04.2020).

[6] Vgl. ausführlich DBK, Hochschulpastoral (Anm. 2), 17 f.

[7] DBK, Hochschulpastoral (Anm. 2), 15 f.

[8] LAG Hochschulseelsorge der 4 Kirchen in Baden-Württemberg (Hg.), Empfehlungen zur ökumenischen Zusammenarbeit in der Hochschulpastoral der LAG Hochschulseelsorge der 4 Kirchen in Baden Württemberg, Karlsruhe 2020, 1.

[9] Eine Satzung der Konferenz für Hochschulpastoral existiert nicht.